Minisforum, einer der etablierten Hersteller kompakter Desktop-Rechner, betritt mit dem MS-R1 neues Terrain. Während das Unternehmen bislang ausschließlich auf Prozessoren von Intel und AMD setzte, kommt im neuesten Modell erstmals ein ARM-basierter Chip zum Einsatz. Dabei handelt es sich nicht um die bekannteren Lösungen von Qualcomm oder Mediatek, sondern um den Cixin P1 des chinesischen Herstellers Cixin Technology.
Der Cixin P1, intern als CP8180 bezeichnet, wurde im 6nm-Verfahren gefertigt und kombiniert acht leistungsorientierte ARM Cortex-A720 Kerne mit vier effizienzoptimierten Cortex-A520 Kernen. Die schnellsten Performance-Kerne erreichen 2,6GHz, weitere Performance-Kerne takten mit 2,5GHz, 2,4GHz und 2,3GHz, während die Effizienz-Kerne mit 1,8GHz arbeiten. Diese Architektur basiert auf ARMv9.2-A und orientiert sich damit an aktuellen Standards.
Für die Grafikausgabe integriert der Prozessor eine ARM Immortalis-G720 GPU mit zehn Recheneinheiten. Ergänzt wird diese durch eine Neural Processing Unit (NPU) mit 30 TOPS Rechenleistung, die zusammen mit CPU und GPU eine Gesamt-KI-Performance von 45 TOPS erreichen soll. Damit erfüllt der Chip die aktuellen Anforderungen für AI PCs und entspricht den Spezifikationen von Microsofts Copilot+ Plattform.
Fraglich ist allerdings, ob Windows jemals auf dem Gerät laufen wird, da unklar ist, ob es Treiber gibt bzw. geben wird. Ab Werk wird der Minisforum MS-R1 zumindest nicht mit Windows ausgeliefert. Stattdessen läuft auf dem Mini PC Linux in Form von Debian. Das System nutzt ein UEFI-BIOS mit ACPI-Standard und benötigt Linux-Kernel 6.6 oder neuer. Nutzer können auch Standard-Debian-Versionen installieren, müssen dabei jedoch beachten, dass bestimmte Komponenten wie die 10 Gigabit Ethernet Controller ohne zusätzliche Treiber nicht funktionieren. Minisforum plant, entsprechende Anleitungen und Informationen schrittweise über GitHub bereitzustellen.
Der Minisforum MS-R1 nutzt fest verlöteten LPDDR5-5500 Arbeitsspeicher mit 128-Bit Anbindung. Verfügbar sind Konfigurationen mit 16GB, 32GB oder 64GB, wobei bei aktiviertem ECC entsprechend 12GB, 28GB oder 60GB nutzbar bleiben. Da der Speicher fest verlötet ist, lässt sich dieser später nicht aufrüsten. In der Leistungsklasse dürften 64GB aber ohnehin völlig ausreichend sein.
Für die Datenspeicherung steht ein M.2-Steckplatz bereit, der sowohl 2280 als auch 22110 Formfaktoren unterstützt und über PCIe 4.0 x4 angebunden ist. Minisforum plant Konfigurationen ohne SSD sowie mit 512GB oder 1TB Speicherkapazität. Ein zusätzlicher M.2 2230 Slot dient der Aufnahme des WLAN-Moduls ab Werk mit WiFi 6E und Bluetooth 5.3.
Eine Besonderheit des MS-R1 ist der PCIe 4.0 x16 Steckplatz, der intern mit acht Lanes angebunden ist. Dies ist bei ARM-basierten Systemen und auch Mini PCs im allgemeinen außergewöhnlich und ermöglicht theoretisch den Einsatz dedizierter Grafikkarten oder anderer PCIe-Erweiterungskarten, sofern entsprechende für ARM Plattformen entwickelte Treiber verfügbar sind. Für Entwickler und Bastler bietet das System zusätzlich einen 40-Pin GPIO-Header, eDP-Anschluss, UART-Pin sowie Anschlüsse für I2C Touch und auch ein TPM Header.
Mit Abmessungen von 196 x 189 x 48mm und einem Gewicht von 1,35kg nutzt der Minisforum MS-R1 offenbar dasselbe Gehäuse wie der MS-01* oder MS-A1* und bewegt sich in Sachen Größe und Gewicht am oberen Ende des Segments. Die Stromversorgung erfolgt entweder über ein mitgeliefertes 180Watt Netzteil oder alternativ über USB-PD mit 100W Leistung.
Die Netzwerkausstattung des MS-R1 orientiert sich an professionellen Anforderungen: Zwei 10 Gigabit Ethernet Ports bieten sich für Anwendungen als NAS, File-Server oder Edge-Computing-Node an. An den USB-Anschlüssen stehen zwei USB 3.2 Gen2 Type-C Ports (10Gbit/s) mit USB-PD und DisplayPort Alt Mode zur Verfügung, ergänzt durch zwei USB 3.2 Gen2 Type-A Ports (10Gbit/s), einen USB 3.2 Gen1 Type-A Port (5Gbit/s) sowie vier USB 2.0 Anschlüsse.
Für Bildausgabe bietet das System neben den beiden DisplayPort-fähigen USB-C-Buchsen einen HDMI 2.0 Ausgang. Die USB-C-Ports unterstützen dabei Auflösungen bis 8K bei 60Hz, während der HDMI-Anschluss auf 4K bei 60Hz limitiert ist.
Der Minisforum MS-R1 richtet sich mit seiner Ausstattung eher an Entwickler, Linux-Enthusiasten und Anwender, die ein ARM-basiertes System für Edge-Computing, Containeranwendungen oder leichte Serverdienste suchen. Mit seinem PCIe-Slot und der umfangreichen Ausstattung positioniert sich das Gerät zwischen klassischen Mini PCs und spezialisierten Single-Board-Computern. Wann der Minisforum MS-R1 auf den Markt kommen wird und welcher Preis anvisiert ist, steht derzeit noch nicht fest. Auch bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang das Gerät außerhalb Chinas verfügbar sein wird. In der Bastler-Gemeinde dürfte aber sicherlich Interesse bestehen.
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