Was ist da nur los in China?

Was ist da nur los in China?

Ich möchte die Zeit heute mal wieder nutzen um meine Gedanken niederzuschreiben. Thema: Was ist da nur los in China? Was ich damit meine? Die offensichtlichen Probleme die es mit den Chinaphones in der heutigen Zeit verstärkt gibt. Probleme mit der Verarbeitung, Verzögerungen bei der Auslieferung, das Nichteinhalten von Versprechen... die Liste könnte ich noch ein Weilchen fortsetzen. Fakt: Die Zustände die uns heute aus Fernost anlächeln waren nicht immer so extrem. Wer sich für Chinaphones schon seit mehr als einem Jahr interessiert, der wird dem zustimmen. Früher gab es deutlich weniger Probleme, viel weniger Stress. Doch woran liegt das? Genau dem möchte ich gemeinsam mit euch in diesem Artikel auf den Grund gehen.

2013, oder: Wie alles begann

Im Jahre 2013 habe ich mich das erste mal getraut ein Smartphone aus China zu bestellen. Ich hatte die Schnauze voll vom überteuerten Mainstream. Ein Star S7589 sollte es damals werden, und zu diesem Zeitpunkt war das ein grundsolides Gerät. Schnell, großes und gutes Display, brauchbare Kamera, gute Akkulaufzeit. Das Teil habe ich auch heute noch und ich verwende es auch noch wenn gerade kein anderes Handset zum Testen da ist. Ich war damals von Tag 1 an begeistert von dem, was die Chinesen da für so kleines Geld abliefern, und das war letztlich auch der Grund, warum ich einen Blog dazu gestartet habe. ChinaMobileMag hieß die Plattform damals noch und wurde dann kurz nach dem einjährigen Geburtstag in GizChina.de umbenannt.

Wenn ich mich an die Anfangszeit zurück erinnere, dann ging es da noch deutlich geruhsamer zu. Die verschiedenen Hersteller tummelten sich bei weitem nicht so aktiv in den sozialen Netzwerken wie heute. Es gab keine Vorbestellungen und Flashsales. Neue Smartphones und neue Hersteller tauchten ganz plötzlich wie aus dem Nichts auf. Es wurden keine Erwartungen geweckt. Man wartete bis was Interessantes auf den Markt kam, und dann griff man eben zu. Und dann änderte sich plötzlich alles. Die Hersteller fingen plötzlich an massiv auf Social Media zu setzen, man begann diesen Pre-Order Quatsch mitzumachen und Flashsales durchzuführen. Warum? Weil gewisse andere große Hersteller genau das auch machen und die Leute darauf abfahren. Der Unterschied: Ein großes Unternehmen hat die nötigen Ressourcen dafür, eine kleine "Hinterhof-Klitsche" nicht.

Ein noch viel größeres Problem war aber die Qualität. Ab Mitte 2014 ging es rapide bergab, sodass es sogar eine Periode gab in der fast jedes getestete Gerät durchgefallen ist. Das hat sich zum Glück mittlerweile wieder halbwegs stabilisiert, aber die Qualität der Geräte, bzw. die Konsistenz der Qualität, ist noch lange nicht wieder auf dem Niveau angelangt auf dem es sich einst bewegt hat.

Wir versuchen etwas zu sein, das wir nicht sind!

Doch warum ist das so? Zugegeben, ich habe lange darüber nachgedacht und es hat eine Weile gedauert bis ich eine ungefähre Idee hatte was hier schief läuft, aber nun glaube ich, dass ich den Code geknackt habe. Die Hersteller von Chinaphones, und damit meine ich explizit die kleineren Marken abseits von Xiaomi, Meizu und Co., versuchen etwas zu sein das sie nicht sind. Das Problem begann mit der Angekündigung des IUNI U2 und des OnePlus One und verschlimmerte sich mit dem Durchbruch von Mediatek im oberen Mittelklasse und High-End Segment.

Da kamen plötzlich Hersteller an, welche preislich all die Jahre zuvor deutlich über den "klassischen Chinaphones" mitgespielt haben und begannen, Smartphones zu einem ziemlich niedrigen Preis anzubieten, welche teils mit deutlich teureren Flaggschiffen der Mainstream Hersteller mithalten konnten. Für den Kunden ist es dann leicht zu sagen: "Wenn ich schon 200€ für Chinaphone X ausgebe, kann ich auch gleich noch die 90€ mehr für den Flaggschiff Killer Y ausgeben!"

Genau das haben die kleinen Chinaphone Hersteller realisiert und seitdem gibt es einen stetigen Kampf darum die besten Spezifikationen für so wenig Geld wie möglich zu bieten - auch wenn für den Zusammenbau und die Optimierung der Komponenten dann nur noch ein kleines Budget übrig bleibt. Gleichzeitig tummelt man sich in den sozialen Netzwerken und verschleudert massenhaft Ressourcen mit ziemlich sinnlosen Aktionen, die ihren Zweck komplett verfehlen. Sind wir mal ehrlich: Die ganzen Pre-Order und Flashsale Aktionen generieren mehr enttäuschte als zufriedene Kunden, das steht mittlerweile sowas von fest. Man verschwendet also Ressourcen, will alles immer noch schneller und noch besser machen, macht aber dadurch im Endeffekt alles eher schlimmer. Der falsche Ansatz, die falsche Strategie. Das kann einfach nicht gut gehen, und ich frage mich wie lange es noch dauert, bis die Hersteller das endlich mal raffen.

Back to the roots!

Meine Forderung ist: Um das Niveau vergangener Tage wieder zu erreichen bzw. dieses noch zu steigern, müssen die Hersteller zu ihren Wurzeln zurückkehren. Es sollte weniger Zeit für Marketing verschwendet werden und diese endlosen Sonderaktionen müssen ein Ende finden. Stattdessen müssen sich die Hersteller auf den Kern ihres Daseins konzentrieren - und der ist, ordentliche Geräte zu bauen. Kreative Geräte. Geräte die hochwertig verarbeitet sind, keine Macken haben. Genau dafür werden die Kunden dann auch bereit sein, ein paar Dollar mehr zu bezahlen. Außerdem sollte nicht immer blind auf jeden neuen Trend reagiert werden. Stattdessen sollten sich die Hersteller für sich Gedanken machen, ob ein neues Feature überhaupt in die eigene Produktpalette passt und ob sich das sinnvoll umsetzen lässt. Es geht hier nicht zuletzt auch darum, eine eigene Identität zu wahren, anstatt nur ein Hersteller unter Vielen zu sein, der verzweifelt versucht, seine Produkte auf den Markt zu bringen und dabei kläglich scheitert.

Immerhin: Ein paar Hersteller gehen wenigstens ansatzweise den richtigen Weg. Als Beispiel kann man hier Cubot, Siswoo oder Oukitel nennen, wobei letzere Marke noch zu jung ist, um das abschließend zu beurteilen - aber immerhin geht man hier einen deutlich eigenständigeren Weg und baut bis jetzt auch gute Geräte. Aber ansonsten fallen mir derzeit abseits der großen Hersteller nicht sehr viele positive Beispiele ein - und genau das macht mich traurig. Wenn sich die Strategie der meisten Hersteller jedoch nicht ändert, bin ich mir nicht sicher, ob alle diese Marken das kommende Jahr überleben werden. Kunden lassen auf Dauer nicht alles mit sich machen und ich habe schon viele User von "China-Phones" gesehen, die wieder zurück zu den "etablierten" Marken gewechselt sind. Der Markt ist nicht unerschöpflich. Genau dessen müssen sich einige noch bewusst werden.

 

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Freitag, 19. April 2024

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